Ich habe an den freien Tagen drei verschiedene Ausflüge unternommen und konnte so etwas von der Umgebung und der Kultur erfahren. Ich war im Nyungwe-Natinalpark mit dem Canopywalk (siehe Bericht vom 12.8.), letzte Woche war ich im ethnographischen Museum in Butare und gestern habe ich das Genozide Memorial in der Nähe von Nyamagabe besucht. Beide möchte ich kurz beschreiben, ich durfte in beiden Innen keine Fotos machen, deshalb habe ich nur Bilder von den Außenanlagen.
Das ethnographische Museum ist in Butare, einer größeren Stadt ca. 35 km entfernt. In einer Ausstellung wird das Leben in Ruanda bis zum Beginn der Kolonialzeit gezeigt. Die Deutschen waren hier nach dem ersten Weltkrieg und haben dann an die Belgier übergeben. Diese Zeit bedeutete einen großen Einschnitt in die Kultur der Menschen hier. Vor der Kolonialzeit gab es einen König und es wurde sehr traditionell in kleinen Dörfern und Gemeinschaften gelebt. In kleinen Feldern wurden verschiedene Getreide angebaut und daraus die Lebensmittel bereitet, ebenso aus den einheimischen Früchten. Zum Beispiel wurde Bananenbier hergestellt. Hauptsächlich wurde jedoch gejagt und alles aus der Jagd wurde für Nahrung, Kleidung und zum Bau der Hütten verwendet. In dem Museum sind viele traditionelle Werkzeuge, Jagdmaterialien, Körbe und Aufbewahrungsgefäße, Kleidung, Schmuck, verschiedenste Trommeln und auch ein Originalnachbau der Hütte des Königs zu sehen. Ein Guide führt einen durch die Ausstellung, in der viele Fotos und Gegenstände zu sehen sind. Die Hütte des Königs darf man betreten und anschauen. Man erfährt alles über das frühere Leben und die Kultur in Ruanda.
Auf dem Weg dorthin sind wir an verschiedenen kleineren Orten vorbeigefahren, an denen Markt war. Die Menschen auf dem Weg waren beladen und trugen wie üblich die Waren auf dem Kopf oder auf völlig überladenen Fahrrädern. Was ich jedoch noch nicht gesehen hatte waren Menschen, die Ziegen oder Schweine auf der Straße führten. Diese waren wohl auf dem Markt erstanden worden und jetzt auf dem Weg in ihr neues Zuhause. Tiere bedeuten hier Wohlstand und leben ziemlich frei auf den verschiedenen Grünflächen und rund um das Haus.
Es gibt in der Nähe von Butare auch ein großes Gefängnis und einige Gefangenen dürfen soziale Arbeit auf den Feldern leisten. Sie tragen orangefarbene Overalls und hier wurden die typischen Briggs aus Lehm geformt, die zum Hausbau verwendet werden.
Am Sonntag (18.8.) war ich mit Noel, Fulgence und Chantal im Genozide Memorial in Murambi, das ist ein Hügel 2 km von Nyamagabe entfernt. Auf dem Weg dorthin haben wir endlich auch mal ein Mototaxi genommen. Praktisch und viel schneller als zu Fuß und für 50 Ct bei ca. 2,5 km Fahrt auch günstig.
In Murambi angekommen fährt in eine weitläufige Einfahrt und auf ein großes Gebäude zu. In diesem Gebäude ist in einem Rundgang mit Bildern, Texten und Fotos die Entstehung, der Verlauf und das Ende des Genozids dargestellt. Nach dem Rundgang geht man auf das weitläufige Außengelände mit einem Guide. Ich habe nur am Eingang Fotos gemacht, das Außengelände wollte und konnte ich nachdem ich das alles gesehen hatte nicht mehr fotografieren.
Das Memorial ist ein Gebäudekomplex, auf dem eine Schule errichtet werden sollte und schon im Bau war, als in der Nacht zum 7. April 1994 der Genozid begann.
Es hatten sich über Jahre aufgrund der durch die Kolonialzeit entstandenen Rassenunterschiede zwischen Hutu und Tutsi Spannungen gebildet, die dann in den systematisch von politischen Führern geplanten Massenermordungen der Tutsi durch die Hutu kulminierten. Auf dem Gelände des Memorials war eine Schutzzone für Tutsi eingerichtet worden, aber es wurde die Wasserversorgung und die Nahrungsaufnahme unterbrochen, so dass die Menschen in die Umgebung gingen um Wasser und Nahrung zu suchen. Dabei wurden sie fast alle getötet. In der Nacht auf den 7. April 1994 fingen die systematischen Ermordungen in vielen Teilen des Landes an, so auch auf dem Murambi-Hügel. Die dort schutzsuchenden Menschen wurden von außen mit Gewehren und Mörsern angegriffen. Sie versuchten sich zu wehren und konnten nur mit Steinen versuchen, die Angreifer abzuwehren. Nach einigen Stunden waren fast alle Tutsi auf dem Gelände ermordet worden, teilweise mit Äxten, Macheten und anderen Landwirtschaftsmaterialen erschlagen. Nur ganz wenige konnten flüchten. Insgesamt wurden dort 40.000 Menschen ermordet und in Massengräbern verscharrt.
Das Gelände ist sehr weitläufig, man sieht noch ein Massengrab, die Baumaschinen mit denen die Schule gebaut wurde stehen noch dort. Es hat vom Außengelände erschreckende Ähnlichkeit mit dem Konzentrationslager Sachsenhausen. Das für mich nicht zu ertragende waren drei lange Reihen mit Häusern, in denen die mumifizierten Leichen aufgebahrt waren. Durch die Verschüttung im lehmhaltigen Boden trat eine Art Konservierung ein und als dann in der Aufbereitung des Genozids die Gräber geöffnet wurden fand man noch erhaltene Kleidungsstücke und nicht verweste Leichen. Diese Tausende von Skeletten, an manchen noch Haarbüschel. Ich habe nur einen Raum der ersten Häuserzeile betreten und konnte es nicht aushalten.
Es war sehr schwer das alles zu lesen und zu sehen. Aber ich finde es sehr wichtig und für die Zukunft absolut notwendig, solch schreckliche Ereignisse zu kennen und mit den richtigen Konsequenzen daraus zu leben. Auch wenn es nicht direkt meine Kultur und Vergangenheit war bin ich froh dort gewesen zu sein. Egal wie schwer es auszuhalten war.